“We can learn to work and speak when we are afraid in the same way we have learned to work and speak when we are tired”, Audre Lorde (Sister Outsider)
Schlüsselwörter: Mehrfachdiskriminierung - Intersektionalität - Microhegemonien - Machtstrukturen im Alltag - Unterdrucksysteme - Empowerment-Prozesse von und mit Migrant*innen - Autobiografische Arbeit - Partizipation, Repräsentation und Sichtbarkeit von Migrant*innen - Entwicklung von gemeinsamen Strategien in kollektiven Räumen
An welchen Machtstrukturen im Alltag nehme ich bewusst oder unbewusst teil? Wie kann ich diese Erfahrungen in das Bewusstsein bringen? Welche Diskriminierungen erfahre ich als Migrantin in meinem Alltag (die oft sehr subtil zu erkennen sind)? Was bedeutet, diskriminiert zu werden? Wie kann ich diese Mehrfachdiskriminierung sichtbar machen? Wie können wir die Machtstrukturen im Zusammenhang mit Diskriminierungen und Unterdrückungen aktiv und bewusst ändern? Wie können wir kollektive Räume fördern, um diese Strukturen in uns selbst zu dekonstruieren? Welche Widerstandsprozesse gegen die hegemonischen Unterdrückungssysteme können zusammen geschaffen werden?
In meinen Vorträgen und Workshops wird der Austausch und die Teilnahme des Publikums gesucht. Ein Raum für Dialog und Austausch mit Vertrauen, Respekt und Solidarität als Prinzipien werden gefördert. Ein Safe Space muss geschaffen werden. Die autobiografische Arbeit erlaubt uns, als Teil von diesem ungleichen System uns zu positionieren und sichtbar zu machen, von welcher Position ich spreche. Kein Raum oder Positionierung ist neutral. Wir haben mehr oder weniger Privilegien in der Gesellschaft bezüglich unseres Geschlechts, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Herkunft, sozialer Klasse, u.a. Die Arbeit mit unseren Biografien ermöglicht die Visualisierung und Erkennung von diesen Privilegien oder nicht-Privilegien (Unterdrückungen) und unsere Teilnahme in verschiedenen Machtverhältnissen in bestimmten Kontexten. Mit unseren kritischen Reflexionen werden auch Änderungen und mögliche Transformationen in unserer Umgebung gefördert und angetrieben.
Mit der autobiografischen Arbeit suche ich eine enge Verbindung zwischen der Theorie und der Praxis. Gesucht wird eine Linie zwischen, was ich kenne und denke und was ich mache. Wir benutzen unsere Narrativen als politisches Instrument. Das ist der Eingangspunkt für unsere Analyse, Kritik und Änderungen in der Praxis, in unserem Alltag, wo wir sehr kritisch mit uns selbst und mit unserer Umgebung sein können. Die Sichtbarkeit dieser Strukturen und Unterdrückungssysteme, in denen wir alle involviert sind, gibt uns Tools/Werkzeuge in der Praxis.
Ich möchte mit meiner eigenen Positionierung und meiner persönlichen Geschichte anfangen. Mir ist es wichtig zu zeigen, von woher ich spreche und warum ich mich oft dazwischen fühle. Ich identifiziere mich als Frau mit heterosexuellen, weißen und europäischen Privilegien. Ich bin 38 Jahre alt und ich komme aus Madrid, Spanien, aus einer Arbeiterfamilie und Umgebung mit Wurzeln in Andalusien und Castilla. Dort bin ich weiß und habe weiße Privilegien. Ich gehöre zu der Mehrheit der Gesellschaft, zu der dominanten Gruppe, die die Macht verhält. Dort bin ich als weiße Spanierin gelesen. Seit mehr als 14 Jahren wohne ich nicht mehr dort. Erst habe ich in Oslo als Studentin gelebt. Nachher kam ich nach Berlin. Hier wohne ich seit 11 Jahren. Meine Migrationsgeschichte fängt bewusst hier an, wo ich mich sehr diskriminiert und ausgegrenzt gefühlt habe und gleichzeitig wo ich angefangen habe, ganz bewusst über meine eigenen Privilegien, Rassismus und Machtverhältnisse zu reflektieren. Als Spanierin bin ich im Rahmen einer sehr kolonialen Geschichte sozialisiert. Ich gehöre zu einer Gesellschaft, die sehr unkritisch ist und sehr hegemonial denkt. Die meistens Institutionen, an denen ich teilgenommen habe, nehme ich sehr kolonial und rassistisch war. Ich spreche über die Familie, Schule, Universität, politisches System, Medien und dann über meine persönlichen Geschichten, Kreise, Freundschaften. Meine Arbeit betrifft meine eigenen Prozesse von Dekolonisierung mit dem Fokus auf die rassismuskritische Arbeit und intersektionellen Feminismus. Ständig beschäftige ich mich mit der Erkennung meiner eigenen Privilegien zusammen mit der Arbeit mit meinen Diskriminierungs- und Unterdruckerfahrungen. Die Frage der Zugehörigkeit betrifft auch ganz stark meiner Biografie.
Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Analyse der Machtstrukturen und Machtverhältnisse im Rahmen der Migrationsgeschichten. Der Fokus steht hier ganz bewusst in den Migrationsprozessen, die ich von mir selbst kenne aber auch von anderen Migrant*innen und Frauen* mit Migrations und Fluchterfahrungen, die ich sowohl durch meine Empowerment und Antidiskriminierungsarbeit kennengelernt habe als auch durch meine persönlichen Beziehungen. Zusammen mit der Künstlerin und Aktivistin, Karina Villavicencio, organisieren wir Workshops und Seminare über Microhegemonien, Machtstrukturen im Alltag in Verbindung mit unseren Diskursen, Narrativen und Körpern, und inklusive Sprache (mit der Analyse von rassistischen und sexistischen Strukturen durch die Sprache) unter anderen Themen. Unsere Zielgruppe sind in der Regel spanischsprachige Migrant*innen, die sich in verschiedenen Phasen ihrer Migration befinden. Die Gruppen und die Konstellationen, in denen wir agieren, sind sehr heterogen, das bedeutet dass wir mit sehr unterschiedlichen persönlichen und beruflichen Profilen arbeiten und austauschen.
Aus der Perspektive von Intersektionalität nehmen wir die Komplexität und Heterogenität der sozialen Gruppen wahr. Das heißt, dass wir über Ungleichheiten zwischen uns Frauen* sprechen, zwischen der Unterschiede unserer Privilegien, zwischen der Unterschiede unserer Positionierungen und Positionen in diesen Machtstrukturen, die hier anerkennt werden.
Mit unserer politischen Arbeit werden mehr Dimensionen (historisch, institutionell, strukturell und im Alltag) der Migration analysiert. Besonders wichtig ist es, die subtilen Unterdruckerfahrungen und Ungleichheiten, die wir erleben, zu erkennen und sichtbar zu machen. Durch die Sprache, durch den Körpern, durch den Austausch… Sehr oft sind diese Erfahrungen nicht als diskriminierendes wahrgenommen. Wenn diese schmerzhaften Themen in einer kollektiven Raum bearbeitet werden, fängt der Heilungsprozess an. Mit den praktischen Übungen werden wir uns als Subjekte mit komplexen Identitäten positionieren, als Teil der Machtstrukturen und Hierarchien, als Teil des Prozesses von Transformation und Wandel.